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Trainer und Trainerinnen
aus Berufung

„Das passt schon.“

Jonas Jagdmann neuer Trainer der Para Schwimmer in M-V

Eine Kollegin habe ihm unlängst einmal gesagt, das Training am Beckenrand sei das i-Tüpfelchen im Job des Schwimmtrainers. Er selbst könne verstehen, wenn Außenstehende eher von „Langeweile sprechen, weil man den Athleten nur dabei zusieht, wie sie ihre Bahnen ziehen“. Am Ende liegt die Wahrheit wie so oft irgendwo dazwischen. Das weiß auch Jonas Jagdmann. Seit Oktober verstärkt er den Trainerpool des LSB und ist Mecklenburg-Vorpommerns neuer Landestrainer für die Para Schwimmer.

Viel Eingewöhnungszeit brauchte Jagdmann, der auf André Wilde, „einen guten Freund“, folgte, nicht. Der 31-Jährige ist seit zehn Jahren als Ehrenamtler dabei. „Nach dem Abitur hab ich ein FSJ im Sport gemacht, hatte viel Spaß. So bin ich in die Sache reingewachsen und ein Nerd darin geworden. Ich kenne die Leute am Stützpunkt schon lange, habe André früher punktuell unterstützt, war bei Wettkämpfen. Ich habe das System Para Schwimmen, das sich schon vom herkömmlichen Schwimmsport unterscheidet, bereits kennengelernt.“

Zudem arbeitete Jagdmann zuvor beim Verband für Behinderten- und Rehabilitationssport M-V. Im Prinzip hat sich daran auch nicht allzu viel geändert. Der Landessportbund ist zwar Geld- und Arbeitgeber, doch die Para Schwimmer sind beim VBRS organisiert. Das passt gut, denn so kann der Rostocker zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. „Es gibt bisher kein Lizenzsystem und keine systematischen Aus- oder Fortbildungen, die sich an Trainer richten, die mit behinderten Sportlern arbeiten. Dafür den Grundstein zu legen, ist mein zweiter Job neben der Trainertätigkeit, das habe ich schon vorher beim VBRS gemacht“, so Jadgmann.

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© Georg Scharnweber Jonas Jagdmann

Im Training mit Para Athleten fehlen aufgrund von zu kleinen Gruppen, einer zu geringen Basis, noch ausreichend Erkenntnisse, um anhand von klaren wissenschaftlichen Ergebnissen trainieren zu können. „Es ist viel learning by doing, viel trial and error“, sagt Jagdmann, der in Rostock Sport und Englisch auf Lehramt studiert hat und im Landesschwimmverband MV nebenbei auch als Lehrwart tätig ist. „Eine gute Portion Menschenverstand hilft auch. Ansonsten gelten im Wasser die gleichen Leitbilder wie im herkömmlichen Schwimmsport, was bremst, ändert sich nicht. Und auch wenn jemand nicht gut sehen kann, gibt es Mittel und Wege, das zu vermitteln, auch ohne Sonderpädagoge zu sein.“

Das Beispiel der Sehbehinderung wählt Jagdmann nicht zufällig. Eine seiner dauerhaft nur drei Sportler umfassenden Trainingsgruppe ist Neele Labudda. Die 19-Jährige Lübeckerin schwimmt ohne volle Sehkraft im Bundeskader und ist wie ihr Trainer Mitglied im Hanse Schwimmverein Rostock, der Kooperationspartner der Para Schwimmer ist. „Durch den Kaderstatus sind 20 Stunden Training in der Woche notwendig“, erklärt Jagdmann, der in seiner Jugend selbst bis zum C-Kader um vordere Platzierungen bei nationalen Meisterschaften mitgeschwommen ist. 

Doch mit der eigentlichen Betreuung der Athleten am Beckenrand ist, wie bereits angedeutet, sein Aufgabenbereich längst nicht abgedeckt. Zu den klassischen Aufgaben wie Trainingsplanung, oder Videoanalyse kommen bei Para Athleten viele medizinische Konsultationen mit Ärzten, Verbänden oder Eltern rund um die Klassifizierung der Sportler, die am Ende darüber Ausschlag gibt, in welcher Wettkampfklasse angetreten wird.

Der Verdacht liegt nahe, dass dabei eine engere Verbindung zwischen Trainern und Athleten als im herkömmlichen Sport entstehen könnte. „In unserem Fall ist das so“, sagt Jagdmann, schränkt aber ein. „Das liegt aber eher daran, dass wir so wenige sind. Das hat auch Nachteile, es geht zum Beispiel die Gruppendynamik verloren.“ Doch der hohe Grad an Individualität, den es auch in größeren Gruppen geben würde, ist für den Vater eines fünfjährigen Sohnes auch ein Punkt, der die Arbeit einerseits herausfordernd, andererseits gleichermaßen spannend macht. „Wir müssen Lösungswege finden, die es im etablierten Schwimmsport nicht gibt, man nicht finden muss, weil da relativ viel vorgegeben ist. Im Para Sport muss man ganz neu denken und kann auch ein bisschen experimentieren.“

Trotzdem rückt die internationale Spitze weiter zusammen. „Nur behindert zu sein, reicht heute nicht mehr, um erfolgreich zu sein“, sagt er etwas überspitzt. Die viele Entwicklungsarbeit, die im Para Sport stecke, habe gute Ergebnisse erzielt. „Vielleicht ist das in bestimmten Klassen noch so, aber grundsätzlich ist genauso viel Arbeit nötig wie für olympische Schwimmer. Mitunter sogar etwas mehr, da eben spezielle Bedürfnisse dazukommen“, so Jagdmann.

Großer Aufwand auf Athletenseite bedeutet aber auch großen Aufwand auf Trainerseite. Für das Leben jenseits der Arbeit seien die „asozialen Zeiten“ wenig förderlich. Trotzdem will Jonas Jagdmann für den Moment nichts daran ändern. „Meine Frau kommt aus dem gleichen Tätigkeitsfeld, federt ganz viel ab. Dazu wohnen wir hier direkt um die Ecke der Neptunschwimmhalle. Dazu habe ich ein gutes Umfeld, ein gutes Team und gute Strukturen, die ich mitentwickeln kann. Das passt schon.“

Sebastian Lindner,Juliane Fuchs,
freier Journalist im Auftrag
des Landessportbundes M-V e.V.

TRAINER AUS BERUFUNG – Trainerstorys
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© Georg Scharnweber

Steckbrief

  • Jahrgang 1991, geb. in Rostock
  • Lehramtsstudium Sport und Englisch
  • B-Lizenz Leistungssport Schwimmen
  • seit Oktober 2022 Landestrainer Para Schwimmen 
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© Georg Scharnweber